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Bhabhloos Abenteuer – Ein kleiner Bär will hoch hinaus
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Hoch in den schnee-bedeckten Bergen des Himalayas lebte einst Bhabhloo, ein niedlicher und noch recht kleiner Bär. In Bhabhloo Bärs langem, glänzend-schwarzem und dichtem Fell fand sich nicht ein einziges weißes Haar. Alle Tiere des Waldes mochten den quirligen Bären. Er war der kleine Liebling seiner Mutter – aber auch ein ganz schön großer Frechdachs.
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Von morgens bis abends wirbelte Bhabhloo durch den Wald. Er hüpfte, rannte, spielte – still stand er kaum. Seine arme Mutter ermahnte ihn wieder und wieder: "Bhabhloo, mein Sohn, mach keinen Unsinn!" "Bhabhloo, setz' dich doch mal kurz hin! Ruh' dich aus!" "Oh nein, Beta, pass' auf – du wirst dich noch verletzen!" "Bhabhloo! Komm' endlich – das Essen ist fertig!" "Bhabhloo, mein Kleiner! Es ist schon spät, die Nacht bricht herein – Zeit schlafen zu gehen, Beta!"
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Von morgens bis abends wiederholte Mama Bär ihre Ermahnungen – doch der kleine übermütige Bär stürzte sich in immer neue Abenteuer! Von genau solch einer Nacht erzählt unsere Geschichte. Mama Bär hatte wieder einmal den ganzen lieben Tag lang Bhabhloos Kapriolen ausgehalten und war erschöpft eingeschlafen. Doch Bhabhloo kam nicht zur Ruhe – so viele Fragen hatte er: "Wo geht die Sonne nachts schlafen?" "Wer ist wohl die Mama des Mondes?" "Warum ist meine Mama abends immer müde, wenn ich doch nicht müde bin?" "Warum? ... Wo? ... Wann? ... Wie? Wie? ... Wann? ... Wo? ... Warum? ..."
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In Bhabhloos Kopf wirbelten so viele Fragen umher ... dieses Gedankenkarussel machte ihn ganz schwindelig! Er schlich sich still und leise aus der Höhle und setzte sich hin. Die nächtliche Dunkelheit war erfüllt von seltsamen Geräuschen: dem Gri-gri-gri der Grillen, den raschelnden Blättern im rauschenden Wind. Der Wald leuchtete hell im Schein des tiefstehenden Vollmondes und der funkelnden Sterne. Doch Bhabhloo fand immer noch keine Ruhe. Die vielen, vielen Fragen schwirrten wie aufgeregte Schmetterlinge weiter durch seinen Kopf und sorgten für ein einziges Tohuwabohu.
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Tatsächlich war es Bhabhloos Traum, etwas zu vollbringen, das die ganze Welt staunend aufhorchen ließe. Alle – Groß und Klein – sollten aufjubeln: "Wow, schaut doch mal, was Bhabhloo Tolles geschafft hat! Er hat uns Bären in der ganzen Welt bekannt gemacht!" Aber wie sollte er das wohl anstellen? Was war das für eine Heldentat, die ein noch so kleines Bärenkind zum berühmtesten Tier der ganzen Welt machen konnte?
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Während Bhabhloo so gedankenverloren dort saß, fiel sein Blick auf eine hohe Himalaya-Zeder, die im Wind hin- und herwiegte. Wenn der Baum sich zu einer Seite neigte, dann erschien es, als ob die in die Höhe strebenden mächtigen Äste seiner Krone den Himmel erreichten und den Mond berührten. Da hatte Bhabhloo plötzlich eine Idee! Seine Augen leuchteten, er bekam Gänsehaut – und er wollte am liebsten einfach lostanzen! Doch ihm war klar: Wenn Mama Bär durch seinen Lärm aufwachte, dann würde sie ihn sofort schnappen und wieder ins Bett verfrachten! Wenn sie mitbekäme, was Bhabhloo vorhatte, würde sie ihn gehörig ausschimpfen ... und sein Traum bliebe unerfüllt ...
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Du bist jetzt sicher neugierig! Was war das wohl für eine Idee, die unser Bhabhloo hatte, als er den Baum entdeckte? Eine Idee, durch die all seine Träume wahr werden würden ... die ihm zu Ruhm verhelfen würde? Nun, dann hör zu: Bhabhloo war schon immer ein meisterlicher Bäume-kletterer gewesen. Jetzt würde er diese hohe Zeder hinaufklettern – bis in den Wipfel. Und wenn der Baum sich mit dem Wind in Richtung Mond neigte, dann würde er, Bhabhloo, sofort losspringen und mit einem Satz landen ... AUF DEM MOND!
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Er war sich sicher: Er wäre der allererste Bär auf dem Mond! Die ganze Welt würde staunen. Alle Bären im Wald würden vor Neid erblassen – vor allem Sona-Mona, die sich immer über seine Träume lustig gemacht hatten. Berühmte, bebrillte Wissenschaftler (von denen Mama Bär ihm erzählt hatte) würden ihn durch ihre gigantischen Teleskope auf dem Mond tanzen sehen.
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Journalisten würden in Zeitungen über ihn schreiben, Fotos von ihm veröffentlichen und ihm eine Menge Fragen stellen. Vom Mond aus würde Bhabhloo viele Interviews geben – und dabei vielleicht auch auf seine eigenen unzähligen Fragen endlich Antworten finden.
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Ach – wenn damals doch so ein kluges und vernünftiges Kind wie du bei ihm gewesen wäre! Du hättest unserem Bhabhloo klarmachen können, dass ein Baum – ganz egal, wie hoch er auch ist – niemals den Mond berühren kann! Auch nicht, wenn es von unten am Boden so scheint, als ob seine emporstrebenden Äste bis in den Himmel reichen. Aber leider, leider war niemand dort, der ihm dies hätte erklären können.
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Schließlich fasste Bhabhloo sich ein Herz und beschloss, sein Glück in die eigenen Hände zu nehmen. Er machte sich auf den Weg in den dichten Wald. Der Wind wehte und war recht kühl. Doch Bhabhloo war so in seine Gedanken versunken, dass er die Kälte nicht einmal bemerkte. Und sein dichtes, dickes Bärenfell schützte ihn vor der feuchten Luft der Nacht.
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Er wollte jetzt nur ganz schnell zur Zeder gelangen. Und all seine Träume verwirklichen. Bhabhloo begann schnell zu rennen. Schneller ... und schneller ... und immer weiter und weiter ... bis er seinen Baum endlich erreichte. Am Fuße der Zeder stehend, blickte Bhabhloo nach oben. Juchu!! Es stimmte! Er hatte richtig vermutet: die Zeder reichte wirklich bis hoch in den Himmel hinauf.
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Ohne zu zögern begann Bhabhloo, auf den Baum zu klettern. Höher ... und höher ... und immer höher und höher ... die Zeder war ganz schön hoch. Immer weiter kletterte er nach oben, und immer kälter wurde es. Und Bhabhloo merkte, dass auch die Äste des Baumes langsam immer dünner wirkten.
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Er fragte sich: "Werden die Äste dünner – oder werde ich immer dicker?!" Aber eigentlich kümmerte ihn das nicht so sehr. Bhabhloo kletterte einfach immer weiter. Höher und höher ... bis er schließlich ganz oben im Wipfel der Zeder angelangt war. Vor lauter Freude (und Kälte und Höhe) wurde Bhabhloo ganz schwindelig. Er dachte: "AAH! Jetzt ist der Moment gekommen, der alles komplett verändern wird. Nur noch einen einzigen richtig weiten Sprung – und all meine Träume werden wahr!"
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Bhabhloo hob den Kopf, um zum entscheidenden letzten Sprung anzusetzen. Aber – was war denn das!?! Nein, nein, nein! Der Mond war immer noch weit, weit, weit entfernt! Er war noch genauso weit weg, wie er es immer war! Bhabhloo wurde klar, wie dumm seine Idee gewesen war. Es stimmte wohl, wenn seine Mutter sagte: "Bhabhloo, du legst einfach los, ohne vorher nachzudenken. Das ist nicht gut, Beta!" Sicher wäre es jetzt das Beste, einfach wieder vom Baum zu klettern und still und leise in die Höhle zurück zu schleichen. ABER ...
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... als sich Bhabhloo umdrehte,  um seinen Abstieg zu beginnen, hörte er ... Krrikkk! Krrakkk! Knickkk? Knackkk? KrrrACK! KrrrACKKKK!! Krrriikk? Krrriikk?
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Was waren das für seltsame Geräusche? Die schwachen, dünnen Äste des Baumes zerbrachen unter Bhabhloos Gewicht! Ma-Ma-Mammi! MA-MA ...? Mama? Mam mmiiiiiiii!!!! ---------- RUMMS! KAAAA- WUMMMM!!
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Dann herrschte Stille. Überall. Kein Ton, kein Laut. Mama Bär schreckte plötzlich aus ihrem tiefen Schlaf. "Bhabhloo?" Aber Bhabhloo war nicht in der Höhle. "Bhabhloo?" Auch in der Nähe der Höhle fand Mama ihren kleinen Bären nicht. "Bhabhloo ...?! Bhabhloooo!!!??? "Bhabhloo, mein Kleiner, wo bist du denn?" "Bhaaa ... haaa ... bhlooo ... hoooo!!!!!!!!" Oh nein! Atemlos und zitternd vor Sorge begann Mama Bär suchend durch den Wald zu laufen. "Bhabhloo!??!!" Aber der arme Bhabhloo war auf den feuchten, kalten Boden des Waldes gestürzt. Bewegungslos lag er dort, mit geschlossenen Augen. Auf einmal verstummt. "Bhabhloo!!??!!" Oh nein! Mama Bär betrachtete ihr Bärenjunges aus der Nähe. Bhabhloo hatte eine tiefe Wunde in seiner Brust. Sein Blut färbte langsam und unaufhörlich den Boden des Waldes rot. Und Bhabhloo lag ruhig da. Regungslos.
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"Bhabhloo, Beta, was ist mit dir passiert?" Aus Mama Bärs Augen strömten die Tränen. Und wie geht es jetzt wohl weiter? Wird Bhabhloos Geschichte hier einfach enden? An dieser Stelle, die so voller Traurigkeit und Schmerz ist? Komm, lass' uns schauen, was als Nächstes passiert. Mama Bär saß schluchzend neben ihrem Bhabhloo. Plötzlich fühlte sie ein Kitzeln in ihrer Tatze. Was war denn das? In ihrer Tatze tanzte ein feines, schmales, glänzendes Etwas auf und ab. Es sah aus wie ein langer, dünner, silberner Faden – und als Mama Bär nach oben schaute, bekam sie einen gehörigen Schreck! Dieser lange, glänzende "Faden" war in Wirklichkeit ein Mondstrahl! Der Mond schien Mama Bär anzulächeln und ihr etwas sagen zu wollen: "Ja, genau – mach' schon! Beeil' dich!"
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Mama Bär verstand sofort, was der Mond meinte. Sie hob eine spitze Zedern-nadel auf, fädelte den Mondstrahl wie einen Faden darin ein und begann ganz schnell , Bhabhloos Wunde damit  zuzunähen. Auf Bhabhloos tiefschwarzem Fell leuchtete der Mondstrahl noch stärker. Und sobald die Wunde geschlossen war, öffnete Bhabhloo seine Augen.
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"Mama! Mami, es tut mir so leid ... dieser Baum ... und der Mond ... ich dachte ... aber dann .... es tut mir so leid, Mama!" Mama Bärs Augen flossen über vor Freude, als sie ihren geliebten kleinen Sohn wieder sprechen sah. Sie umarmte Bhabhloo und beruhigte ihn: "Es ist alles gut, mein kleiner Bhabhloo ... jetzt bist du wieder ganz in Ordnung, Beta."
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Mittlerweile hatten sich auch die anderen Bären hier mitten im Wald versammelt. Alle waren verblüfft, die hell leuchtende Zeichnung auf Bhabhloos Brust zu sehen. Sie wussten ja nicht, dass dieser schmale, glänzende, sichelförmige Streifen in Wirklichkeit ein Mondstrahl war! "Wow, Bhabhloo! So etwas haben wir ja noch nie zuvor gesehen!", riefen die alten Bären kopfschüttelnd. "Hey, Bhabhloo! Jetzt bist du wohl der schönste von allen Bären im Wald!", kicherten einige Bärenmädchen verlegen hinter vorgehaltenen Tatzen.
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Und Sona-Mona? Tja, die beiden waren ziemlich schweigsam. Was sollten sie jetzt noch sagen? Bhabhloos Traum war schließlich in Erfüllung gegangen! Als die übrigen Bären die ganze Geschichte erfahren hatten, wollten sie alle – ob groß, ob klein – ebenfalls unbedingt genau solch eine sichelförmige, glänzende Zeichnung auf ihrer Brust haben. Mama Bär schaute zum Mond hinauf. Der Mond nickte lächelnd zurück. Und Mama Bär fing sich einen weiteren Mondstrahl.
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Mama Bär fädelte den Mondstrahl wieder in eine Zedernnadel ein und nähte auch auf die Brust der anderen Bären das silberne Zeichen – eines nach dem anderen. Bhabhloo hatte großen Spaß dabei. Er saß immer noch auf dem Boden und betrachtete wieder und wieder die leuchtende Zeichnung auf seiner Brust. Wie wunderschön der Mondstrahl war! Doch plötzlich fiel ihm ein, dass sich bisher noch niemand beim Mond bedankt hatte. Er schaute nach oben – und bekam einen Schreck!
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"Mama, hör auf! Ihr alle, wartet mal! Seht euch den Mond an!" Und tatsächlich: Der Mond war jetzt keine riesengroße, leuchtende Scheibe mehr wie zuvor. Er schien schwach und schmal geworden zu sein. Da bekamen alle Bären ein schlechtes Gewissen. "Oh je! Wir haben so viele Mondstrahlen verbraucht, dass der Mond selbst ganz klein geworden ist!" Doch der Mond erwiderte mit einem Lächeln: "Das ist doch nicht schlimm, meine lieben Bären. Wartet ab, in einigen Tagen werdet ihr meine Magie sehen!"
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Tatsächlich: Nach einigen Tagen stand der Mond genauso rund und dick am Himmel wie zuvor. Und wieder begann Bhabhloos Mutter, auf die Brust weiterer Bären das Mondzeichen zu nähen. Wenn du also in den nächtlichen Himmel schaust und der Mond ganz schmal und dünn wird, dann ist Mama Bär hoch oben in den schneebedeckten Bergen des Himalayas mit ihrer neuen Aufgabe beschäftigt. Und wenn der Mond langsam aber sicher wieder zu einer vollen Scheibe anwächst, dann gönnt Bhabhloos Mama dem Mond gerade eine Ruhepause.
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Was sagtest du eben? Was ist mit Bhabhloo? Naja, unser kleiner Bär war nun wirklich eine Berühmtheit! Wie wüssten die anderen Bären im Himalaya ohne ihn denn sonst über die Herkunft ihrer Zeichnung Bescheid? Es stimmt: Wäre Bhabhloo in jener Nacht nicht von der hohen Zeder gefallen, dann hätten die Mondbären niemals etwas über diese leuchtende, wunderschöne Zeichnung in ihrem Fell erfahren. Ist es nicht so?! Achte doch einmal bei deinem nächsten Zoobesuch oder beim Betrachten eines Buches darauf, ob du vielleicht einen Himalaya-Bären siehst. Dann wirst du wissen, dass meine Geschichte wahr ist!